In unserem Leben werden wir oft von Gegensätzen begleitet. Tag und Nacht, warm und kalt und vieles mehr. Bezogen auf das Yoga hätten wir hier das „Yin“ (die weiblich, passive Energie) und das Yang (die männlich, aktive Energie). Aus meiner eigenen Erfahrung als Trainerin kann ich sagen, dass die meisten Menschen im Alltag zu 90% im Außen oder eher in der Yang Energie unterwegs sind. Das Ergebnis davon ist, dass irgendwann der Körper und die Seele durch diverse Krankheitssymptome aufschreien und gesehen werden wollen. Beide Seiten von Yin und Yang sind gut und dürfen im Leben sein. Doch dürfen wir im Alltag lernen beide Seiten ausgeglichen zu integrieren.

Ganz grob beschrieben, ist Yin Yoga eine passive Form von Yoga. Yin steht für die weibliche Seite, das Passive und das Loslassen. In einer Yin Yoga Stunde startet man mit einer Meditation oder Achtsamkeitsübung, um den eigenen Fokus von Außen auf das Innen zu richten und um im jetzigen Moment vollständig anzukommen. Durch die innere Entspannung des Geistes lässt auch der Körper Stück für Stück die Anspannung los. 

Tiefer betrachtet ist Yin Yoga sehr stark von den Prinzipien der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) geprägt. Die TCM betrachtet den Körper als ein System von Energiemeridianen, in denen die Lebensenergie Qi (Chi) fließt.  Yin Yoga wurde ursprünglich entwickelt, um die Meridiane - die als Energielinien den Körper durchziehen und mit den Organen in Verbindung stehen - zu stimulieren und den Energiefluss im Körper zu fördern. 

In einer Yin Yoga Einheit wechselt man spielerisch und ohne Druck zwischen Mobilisations- bzw. Ausgleichübungen und lang angehaltenen Yogapositionen (Asanas), welche man nur bis etwa 60-70 Prozent vom möglichen Dehnreiz für ca. zwei bis fünf Minuten anhält. Es geht beim Yin Yoga nicht darum etwas erzwingen zu wollen, sondern dem Körper, den Faszien und dem Bindegewebe die Zeit zu geben loszulassen. Man kann sich selbst dabei beobachten, wie die doch anfangs noch als etwas anstrengend empfundene Asana nach einer Zeit leichter und angenehmer wird. Um die Positionen in den Asanas bequemer zu empfinden und das Hineinschmelzen in die Asanas zu fördern, arbeiten wir mit Hilfsmittel wie ein Yoga Bolster oder Yogaklötzen, sowie Kissen oder Decken. Wir gehen niemals in einen Schmerz. Sobald eine Asana sich unangenehm anfühlt, verändern wir diese Position oder gehen aus der Asana heraus und wählen eine andere. Die Kontraindikatoren sind hierbei stets zu beachten.

Die ruhige Natur von Yin Yoga macht es zu einer idealen Praxis, um Achtsamkeit zu entwickeln und eine meditative Atmosphäre zu schaffen. Das Verweilen in den Positionen ermutigt dazu, den Moment bewusst zu erleben. Eine fokussierte Atemtechnik oder Atemlenkung wird genutzt, um die Entspannung zu vertiefen und den Geist zu beruhigen. Jede Yin Yoga Einheit endet mit einer Tiefenentspannung in Shavasana oder einer Meditation, die nach der langen Entspannung noch tiefer führen kann, da man bereits sehr entspannt ist.

Yin Yoga und die Wirkung auf die Psyche:

• Stressabbau und Entspannung: Yin Yoga aktiviert das parasympathische Nervensystem, was zu Entspannung und Stressabbau führt. Die bewusste Atmung und die ruhigen Bewegungen fördern einen Zustand der inneren Ruhe. Dies kann helfen, den Stress des Alltags zu reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
• Achtsamkeit und Meditation: Die ruhigen und meditativen Aspekte von Yin Yoga fördern Achtsamkeit und innere Ruhe. Das Fokussieren auf den Atem und das Verweilen in den Positionen ermöglichen es, den Geist zu beruhigen.
• Atempraxis und Qi-Fluss: Die bewusste Atempraxis im Yin Yoga spielt eine wichtige Rolle, um den Fluss von Qi zu unterstützen. Die tiefe Atmung hilft, Energie zu lenken und zu harmonisieren.

Yin Yoga und die Wirkung auf die Emotionen:

• Freisetzung von Emotionen: Durch das Dehnen und Öffnen bestimmter Körperbereiche können emotionale Blockaden gelöst werden. Einige Menschen erleben während oder nach der Yin-Yoga-Praxis eine Freisetzung von aufgestauten Emotionen.
• Balance der Energiezentren: Die Verbindung mit den Meridianen in der traditionellen chinesischen Medizin kann dazu beitragen, die Energiezentren im Körper auszugleichen und das emotionale Wohlbefinden zu fördern.
• Organe und Emotionen: Jeder Meridian in der TCM ist mit einem bestimmten Organ und emotionalen Aspekten verbunden. Die Stimulation dieser Meridiane in Yin Yoga kann daher nicht nur die physische Gesundheit, sondern auch das emotionale Gleichgewicht fördern.

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